Absender: Georg
Empfänger: Seine Eltern
Ort: Bruk (Fürstenfeldbruck)
Datum: 8. September 1914
Kartentyp: Brief


Transkription:
Brief. Bruk, den 8. September 1914.
Liebste Eltern!
Am Sonntag habe ich das Geld bei Ostler geholt. Ich danke Euch bestens dafür. Mit den Franzosen geht’s uns ganz gut. Die meisten sind noch nicht geheilt. Jetzt können sie uns nicht davonlaufen. Die sind ganz gut aufgelegt, geht ihnen auch nicht schlecht. Wenn wir ihnen sagen, dass die Deutschen wieder gesiegt haben, dann sagen sie immer: „O armes Frankreich.“
Wir haben auch viele deutsche Verwundete da. Die sind traurig zum Ansehen, wenn man denkt, wieviel dass da Krüppel bleiben. Die meisten sind am Kopf und Arm verletzt. Es ist aber wieder mit Freuden anzusehen, wie schnell oft die schwerste Wunde heilt. Die ärztliche Behandlung ist gut. Die Verwundeten sind durchschnittlich guter Laune.
Habt Ihr schon Korn gebaut? Wird vielleicht zu trocken sein. Bei uns regnet’s sehr wenig. Wie geht’s mit Obst? Ich denke immer an die Wandbirnen. Schickt Irene etliche.
Wenn ich vielleicht nicht mehr Zeit habe zum Schreiben, wünsche ich gleich jetzt der Mutter und Schwester Maxi das Beste zum Namensfest.
Seid vielmals gegrüßt von
Georg.
Gruß an alle Bekannten, Nachbarn u. Baron.
Auf Wiedersehen.
Historische Einordnung & Anmerkungen:
Georg befindet sich am 8. September 1914 in Bruk, der mundartlichen Kurzform für Fürstenfeldbruck, wo es während des Ersten Weltkriegs ein Lazarett sowie ein großes Lager für französische Kriegsgefangene gab. Der Ton seines Briefes ist bemerkenswert: Er wirkt ruhig, beinahe routiniert, als sei der Kriegsalltag bereits zur Normalität geworden.
Er beschreibt, dass viele der französischen Gefangenen noch verletzt seien, wodurch sie „nicht davonlaufen“ könnten – ein makaber-leichter Ton, der mehr über den psychischen Abstand zur Situation sagt als über Hartherzigkeit. Interessant ist, dass die Franzosen auf deutsche Siegesmeldungen mit „o armes Frankreich“ reagieren – ein kleines Fenster in die emotionale Lage der Gefangenen.
Zugleich ist Georg beeindruckt von der medizinischen Versorgung. Dass selbst schwerste Wunden überraschend schnell heilen können, scheint ihm Hoffnung zu geben. Besonders bewegend ist sein kurzer Blick auf das Leid der verwundeten deutschen Soldaten – „traurig zum Ansehen, wenn man denkt, wieviel dass da Krüppel bleiben“.
Wie schon in anderen Briefen, pendelt Georg mühelos zwischen Frontbeobachtung und Heimatidylle: Er fragt nach dem Korn, dem Obst, den „Wandbirnen“ – und denkt an das Namensfest der Mutter und Schwester. Die Heimat bleibt sein Bezugspunkt, selbst mitten im Lazarettalltag.
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