Die Agilolfinger – Frühe Herzöge und ihre Spuren im Chiemgau

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Wenn man von der Geschichte Bayerns spricht, dann fallen irgendwann die großen Namen: Wittelsbacher, Ludwig der Bayer, König Max. Doch lange vor ihnen, als Bayern noch kein Königreich, sondern ein Stammesherzogtum war, herrschte hier ein anderes Geschlecht – die Agilolfinger. Auch im Chiemgau lassen sich Spuren ihrer Zeit entdecken.

Wer waren die Agilolfinger?

Die Agilolfinger waren ein frühmittelalterliches Herzogsgeschlecht, das ab dem 6. Jahrhundert über Bayern herrschte – also noch bevor es ein richtiges Bayern im heutigen Sinn gab. Sie waren wohl fränkischer Herkunft, standen den Merowingern nahe und wurden von diesen als Herzöge über das neu besiedelte Bayern eingesetzt.

Ihr Name klingt heute etwas sperrig, doch in ihrer Zeit waren sie die wichtigsten Machthaber im süddeutschen Raum. Der erste historisch belegte Herzog aus dieser Linie war Garibald I., um das Jahr 555. Das Geschlecht endete mit Tassilo III., der 788 von Karl dem Großen abgesetzt wurde.

Der Chiemgau zur Zeit der Agilolfinger

Zur Zeit der Agilolfinger war der Chiemgau zwar nicht Zentrum der Macht, aber ein wichtiger Teil des Herzogtums. Alte Römerstraßen führten hier entlang, etwa durch Seebruck (das antike Bedaium). Siedlungen wie Erlstätt, Grabenstätt oder Traunstein lagen strategisch günstig an Übergängen, an Flüssen oder an alten Wegen.

Es war eine Zeit des Umbruchs. Römisches Erbe, christliche Mission, neue Machtstrukturen – alles kam hier zusammen. Der Chiemgau war kein vergessener Winkel, sondern Teil eines größeren Ganzen.

Frühmittelalterliche Funde in der Region

Gerade im südostbayerischen Raum wurden einige Gräberfelder und Siedlungsspuren gefunden, die in die Zeit der Agilolfinger passen. In Erlstätt zum Beispiel gab es reiche Grabbeigaben – Schwerter, Fibeln, Gürtelbeschläge. Solche Funde deuten auf eine bäuerliche Oberschicht hin, vielleicht auf lokale Vertreter der Herzogsmacht.

Auch Flurnamen und alte Hoflagen könnten aus dieser Zeit stammen. Vieles ist spekulativ, denn Schriftquellen fehlen für unsere Gegend fast völlig. Aber archäologisch zeigt sich: Die Region war bewohnt, bewirtschaftet und eingebunden.

Tassilo III. und die Klosterpolitik

Der letzte Herzog der Agilolfinger, Tassilo III., war ein eifriger Klostergründer. Er stiftete Innichen, Kremsmünster und andere Orte, die in kirchlichen Netzwerken lagen. Der Einfluss reichte weit über das heutige Bayern hinaus.

Ob er persönlich je im Chiemgau war, ist nicht überliefert. Doch durch seine Förderung der Mission und der kirchlichen Ordnung könnte auch unsere Gegend indirekt profitiert haben. Die frühe Christianisierung und die Patrozinien mancher Kirchen lassen zumindest diese Vermutung zu.

Was blieb von den Agilolfingern?

Nach der Entmachtung Tassilos III. übernahmen die Karolinger das Herzogtum Bayern. Die Agilolfinger gerieten in Vergessenheit – auch bei uns. In Vachendorf, Erlstätt oder Traunstein erinnert heute nichts mehr direkt an dieses Geschlecht. Kein Denkmal, kein Straßenname, keine Gedenktafel.

Und doch: Wer tiefer gräbt, wird merken, dass diese frühe Zeit den Grundstein gelegt hat für vieles, was später kam. Die ersten Pfarrsprengel, die alte Hofstruktur, vielleicht sogar bestimmte Wege oder Grenzen – sie könnten auf das 7. oder 8. Jahrhundert zurückgehen.

Die Agilolfinger sind verschwunden. Aber ihre Zeit hat Spuren hinterlassen – auch hier bei uns, im Chiemgau.