Stell dir vor, du sitzt in Vachendorf beim Wirt, bestellst dir eine Maß – da schiebt sich ein gewaltiger Herr im Hermelin durch die Tür. Die Federn seines Huts streifen den Türrahmen, sein Blick ist scharf wie ein Degen. Er nimmt Platz, mustert das Wirtshaus und sagt: „Sauber habt’s es hier. Sauberkeit ist wichtig. In der Stadt wie in der Seele.“
Biografische Daten
• Geboren: 15. Oktober 1622 (Graz)
• Gestorben: 3. April 1687 (Salzburg)
• Dynastie / Familie: Adelsfamilie von Kuenburg
• Herkunft: Innerösterreichischer Hochadel
• Bedeutung: Fürsterzbischof von Salzburg, barocker Stadtgestalter und Hauptverantwortlicher der Zaubererjackl-Prozesse
Ein Mann zwischen Weihrauch und Scheiterhaufen
Max Gandolf war ein Kind seiner Zeit – und zugleich deren unerbittlichster Richter. Er kam aus dem steirischen Adel, wurde Jesuitenzögling, sammelte akademische Titel wie Orden. 1668 wurde er Erzbischof von Salzburg. Er regierte nicht nur geistlich, sondern weltlich – als absolutistischer Herrscher mit dem vollen Pomp des Barock: prachtvolle Bauten, glänzende Hofhaltung, Musik und Kunst auf höchstem Niveau.
Doch unter der goldenen Oberfläche gärte etwas anderes. Max Gandolf war besessen vom Gedanken der moralischen Reinigung. In seinem Weltbild gab es klare Fronten: Gut und Böse, Ordnung und Chaos, Gott und Teufel. Und für das Böse – so meinte er – gab es nur eine Antwort: Vernichtung.
So wurde unter seiner Herrschaft die größte Hexenverfolgung des süddeutschen Raums entfesselt: der Zaubererjackl-Prozess. Über 100 Menschen wurden verbrannt, viele davon Kinder. Die Anklagen beruhten auf Folter, Wahn und religiösem Fanatismus. Max Gandolf hat all das gewusst. Er hat es nicht nur geduldet – er hat es legitimiert. Für ihn war es ein geistlicher Krieg.
Was hat er in Vachendorf verloren?
Vielleicht nichts – und vielleicht alles. Salzburgs Einfluss reichte über das Gebirge hinweg bis tief in den Chiemgau. Auch hier war man dem Erzbischof zu Gehorsam verpflichtet, denn sein Fürstentum reichte bis Traunstein. Die Menschen unter seiner Herrschaft – auch hier im heutigen Vachendorf – lebten in einer Welt, in der Gottesfurcht und politische Macht eins waren. Gandolfs Denken hat das Klima jener Zeit geprägt. Vielleicht spürt man’s noch – in alten Sagen, in Kirchenfenstern, in der Angst vor dem Anderssein.
Und heute?
Max Gandolf sitzt im Phantom-Wirt und schweigt. Sein Blick haftet an der Kerze. Vielleicht sieht er darin all die Feuer, die unter seinem Namen brannten. Vielleicht rechtfertigt er sich noch – oder beginnt erst jetzt zu verstehen.
