Markus Schreiber – Der „Zobelsdorfer Maxl“

Markus Schreiber – Der „Zobelsdorfer Maxl“

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Kirchenzeichner, Bauernsohn, Einzelgänger – eine verschollene Künstlerseele aus dem Chiemgau

Markus Schreiber wurde um das Jahr 1870 im kleinen Weiler Zachersdorf bei Traunwalchen geboren. Der Ort, zwischen Traunwalchen und Pierling gelegen, bestand aus nur drei Gebäuden. Die dort ansässige Familie Schreiber betrieb einen gut arrondierten Bauernhof und wurde nach dem Flurnamen „Zobelsdorf“ benannt – so kam Markus zu seinem späteren Übernamen: der „Zobelsdorfer Maxl“.

Schon als Bub zeigte er eine besondere Begabung für das Zeichnen. In der zweiten Schulklasse erkannte man sein Talent, doch es sollte noch viele Jahre dauern, bis er sich ganz der Kunst widmen konnte. Zunächst musste er wie seine Geschwister auf dem elterlichen Hof mitarbeiten – die Arbeit in der Landwirtschaft war hart und wenig erfüllend für ihn. Nach dem Tod des Vaters übernahm Markus den Hof, obwohl ihn die Bauernarbeit kaum begeisterte. Er heiratete, doch die Ehe blieb kinderlos und unglücklich. Die Liebe zur Kunst, zum Zeichnen und Malen, wurde zur Zuflucht – genauso wie der regelmäßige Gang ins Wirtshaus.

Mit der Zeit vernachlässigte Markus den Hof zunehmend. Vieh wurde verkauft, Felder nicht mehr bestellt, Wälder abgetrieben. Was an Erträgen hereinkam, floss oft in Bier und Geselligkeit. Schließlich musste er das Anwesen aufgeben. Über einen Gutsverkauf an Graf Töring von Pertenstein konnte der Besitz abgewickelt werden. Der einstige Hof wurde abgerissen und aufgeforstet. Heute erinnert dort nichts mehr an das ehemalige Zobelsdorf.

Markus Schreiber zog daraufhin nach Traunstein und bezog ein kleines Haus in der Scheibenstraße. Dort lebte er zurückgezogen und widmete sich ganz der Kunst. Er malte Wappen, Ortsansichten und Kirchen, oft als Autodidakt und mit bemerkenswerter Beobachtungsgabe. Um das Jahr 1910 fertigte er Zeichnungen sämtlicher Kirchen im Dekanat Traunstein an. Diese wurden als Postkarten veröffentlicht und fanden weite Verbreitung. Die 32 Originalkarten befinden sich im Besitz von Georg Höppel in Vachendorf. Die Reproduktionen wurden von Pfarrer Engelbert Zunhammer angefertigt und von Franz Liebl im Juli 1971 geordnet dokumentiert.

Seine Werke zeigen nicht nur architektonische Genauigkeit, sondern auch Gespür für Perspektive, Landschaft und Atmosphäre. Viele Kirchen zeichnete er bewusst vom Wirtshaus aus – nicht nur wegen der Aussicht, sondern weil es seinem Naturell entsprach. Markus Schreiber war keiner, der sich selbst in den Vordergrund stellte. Er lebte einfach, aber intensiv, oft am Rand der bürgerlichen Existenz.

Im Alter von 70 Jahren folgte er einer Einladung seines Sohnes – ein später Kontakt aus einer früheren Beziehung – nach Argentinien. Der Sohn betrieb dort ein Elektrogeschäft. Markus verkaufte seinen Besitz in Traunstein, bestieg ein Schiff und trat die lange Überfahrt an. Es heißt, er sei gut in Argentinien angekommen. Doch danach verliert sich seine Spur. Seitdem gilt der „Zobelsdorfer Maxl“ als verschollen.

Quellenangabe:

Maschinenschriftlicher Vermerk Franz Liebl (Juli 1971)

Heimatarchiv Vachendorf

Überlieferte Erzählung (Verfasser unbekannt)