>>> Da schau her: Sommerzeit – Die Stunde, die kein Mensch wollte und die trotzdem alle kriegten

>>> Da schau her: Sommerzeit – Die Stunde, die kein Mensch wollte und die trotzdem alle kriegten <<<

Die Kaffeemaschine hat sich nix gedacht, ich schon

Am Sonntag um 5.30 Uhr hab’ ich meine Augen aufgerissen. Frisch wia ein nasser Waschlappen hab’ ich mich zur Kaffeemaschine gschleppt. Alles hat gepasst – noch. Dann hab’ ich aufs Handy geschaut: 6.45 Uhr. Ich hab’ gar nix gemacht, außer Kaffee eingschenkt und die Welt a bisserl ignoriert – und trotzdem hat sich eine Stunde aus dem Staub gemacht. Einfach so. Weg war sie, Sapperlot!

Herzlich Willkommen zur großen EU-Zeitlotterie

Ach ja, die Sommerzeit. Sie hat wieder zugeschlagen – leise, effizient und völlig unnötig, wenn nicht gar überflüssig. Offiziell hat man sie ja fürs Energiesparen eingeführt, aber am Ende hat sie nur Energie gekostet: und zwar meine. Einmal jährlich hat sie mein Zeitgefühl zerschossen wie ein ausgeworfenes Toastbrot das versehentlich in den Ventilator gekommen ist.

Keiner hat’s gewollt. Keiner hat’s gebraucht. Trotzdem hat’s wieder einmal funktioniert. Ein staatlich verordneter Zeitsprung – halb Volksverwirrung, halb Ritual. Man hat’s mitgemacht, weil man’s halt immer mitmacht. So wie das Klatschen im Flugzeug.

Digitale Besserwisser haben wieder triumphiert

„Mein Handy hat sich automatisch umgestellt!“ – Na sauber. Dann hat’s dein Kühlschrank vielleicht auch gleich mitgemacht, der Toaster sowieso. Und du? Hast du dich auch gleich selbstständig umgestellt? Oder hast du wie ich erst mal die Wohnzimmeruhr angestarrt wie ein Höhlenmensch eine Sonnenfinsternis?

Die Digitalgeräte haben triumphiert. Der Mensch hat verloren. Zu langsam. Mal wieder.

Die verschwundene Stunde ist in einem Brüsseler Aktenkeller gelandet

Und jetzt reden wir über die eigentliche Frage: Wo ist diese Stunde denn eigentlich hin, ha? Gibt’s einen geheimen Bunker unter der EU-Kommission, in dem jährlich Milliarden verlorene Stunden gesammelt werden – auf Halde, gleich neben den nicht umgesetzten EU-Beschlüssen?

Ich hab’ das Recht auf Rückgabe gefordert. Oder wenigstens einen Gutschein. Für eine Stunde Nickerchen, für ein Frühstück mit Würde oder für zehn Minuten, in denen niemand was von mir will. Aber nix hat man mir angeboten, gar nix. Nur die Sonne hat gestrahlt, als wär überhaupt nix gewesen.

Wir haben’s hingenommen. Wie jedes Jahr.

Da schau her: Die Zeit hat man uns gestohlen, und wir haben’s gemerkt – aber nicht reagiert. Stattdessen hat man gähnend in den Kalender geschaut, mit den Schultern gezuckt und sich gedacht: „Ach mei, is’ halt so.“

Jetzt ist es 7.10 Uhr. Oder 6.10 Uhr. Oder doch noch irgendwie 5.30 Uhr – je nachdem, ob man den Funkwecker, den analogen Küchendreher oder die biologische Uhr fragt. Ich hab’ beschlossen, mich dem zu entziehen. Ich geh zurück ins Bett. Vielleicht ist da noch Winter.