Eine Stein-Axt auf dem Acker – wie kommt die da hin?
Vor gut hundert Jahren hat der Fuchsenbauer in Wörglham beim Pflügen was Seltsames aus dem Acker gezogen: Eine Stein-Axt. Also ein richtiges Ding, mit einem schön rund gebohrten Loch für einen Schaft. Oder, wie man halt sagt: ein Hackebeil.
Jetzt ist die Frage: Wie kommt so ein wertvolles Stück einfach auf einen Acker?
Verloren geht sowas doch nicht einfach. Ein Steinwerkzeug war damals ein richtiger Schatz, das macht man nicht mal eben. Wer das besessen hat, der hat es gehegt und gepflegt. Und wenn er es wirklich verloren hätte – dann hätte er’s sicher auch wieder gesucht.
Axt oder Beil – was war das jetzt genau?
Man muss ja genau sein: Das war eigentlich kein Steinbeil, sondern eine Stein-Axt. Der Unterschied?
• Eine Axt hat ein Loch für den Schaft, ein Beil nicht.
• Ein Beil wird an einem Stiel befestigt, eine Axt durch ein Loch hindurch geschäftet.
Also eindeutig: Das Ding vom Fuchsenbauer war eine Stein-Axt. Aber „Hackebeil“ sagt man halt mundartlich für beides, also passt das schon.
Zum Bäume fällen oder Köpfe einschlagen?
Jetzt ist die nächste Frage: Für was hat man das Ding überhaupt verwendet?
1. War’s eine Waffe?
• Naheliegend. Mit so einer Axt kann man ordentlich draufhauen – und wenn’s sein muss, auch einen Schädel spalten.
• Vielleicht war’s im Kampf benutzt worden? Aber wenn einer so eine Axt in der Schlacht verloren hat, dann hat die der Gegner bestimmt mitgenommen. Liegen lassen? Eher nicht.
2. War’s ein Werkzeug?
• Bäume fällen mit einer Stein-Axt? Geht schon, aber mühsam. Holzarbeiten damit? Möglich.
• Aber für den täglichen Gebrauch hätte man es sicher nicht einfach so auf den Acker geworfen.
3. War’s ein Grabbeigabe oder eine Opfergabe?
• Beile und Äxte wurden oft mit ins Grab gelegt, als Zeichen von Macht oder als Werkzeug für das Jenseits.
• Oder es war eine Deponierung – sprich, man hat es absichtlich niedergelegt, vielleicht als Opfer für die Götter.
Jedenfalls: Zufällig verloren hat das sicher keiner.
Und jetzt das große Rätsel: Wie kriegt man ein Loch in den Stein?
Das Beeindruckendste an solchen Steinäxten ist ja oft dieses perfekte, runde Loch für den Schaft.
Heutzutage macht man das mit einer Hilti-Maschine, und nach zwei Minuten ist das Loch drin.
Oder – und das ist viel wahrscheinlicher, den Stein zerreißt es. Meistens zerreißt es den eher.
Damals ging das aber so:
• Man nimmt ein Holunderstäbchen oder eine Knochenröhre.
• Dann kommt Quarzsand und Wasser dazu – als Schleifmittel.
• Jetzt wird gedreht, gerieben und geschliffen, bis das Loch durch ist.
Und das dauert. Wer damals eine Stein-Axt hergestellt hat, der hatte Geduld und Geschick.
Welche Kultur steckt dahinter?
Zu der Zeit, als die Axt entstanden ist, gab’s verschiedene Gruppen in der Gegend:
• Die Chamer Kultur
• Die Altheimer Kultur
• Die Rössener Kultur
Die Menschen damals haben sich natürlich nicht „Chamer“ oder „Altheimer“ genannt – das haben sich die Archäologen ausgedacht, weil sie ähnliche Funde an verschiedenen Orten gemacht haben. Aber eines ist sicher: Irgendwer von diesen Gruppen hat die Axt benutzt.
Kam der Mensch vom Tüttensee?

Sehr wahrscheinlich, denn die Leute damals haben sich gern an Seen oder Flüssen niedergelassen. Wasser war wichtig, aber man wollte auch nicht zu nah dran sein, sonst wurde man beim nächsten Hochwasser weggeschwemmt.
Vielleicht hat der Besitzer der Axt auf einer erhöhten Stelle am Tüttensee gewohnt, wo es sicher war und der Ausblick schön. Damals wusste man schon, wo es sich gut leben ließ – da hat keiner freiwillig am sumpfigen Ufer gebaut.
Fazit: Ein Blick in die Vergangenheit
Das Hackebeil vom Fuchsenbauer ist das älteste bekannte Fundstück aus der Gegend. Und eines ist ganz sicher: Es ist nicht zufällig da gelegen, wo er’s ausgeackert hat.
Ob als Waffe, Werkzeug oder Opfergabe – es erzählt eine Geschichte von Menschen, die vor Tausenden von Jahren hier gelebt haben. Und obwohl die Zeit vergeht, liegt ihre Geschichte noch immer in unserem Boden verborgen.