Das Postgasthaus in Vachendorf – Ein Stück lebendige Geschichte

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Die Anfänge: Bier, Brot und Konkurrenz

Das Postgasthaus in Vachendorf geht auf das Jahr 1717 zurück. Damals erhielt der Bauer Georg Humbauser, genannt Spenter, vom Kurfürsten Max Emanuel die „Taverngerechtsame“, also das Recht, weißes und braunes Bier auszuschenken – allerdings ohne das Erbrecht zur Weitergabe. Der Hausname „Spenter“ leitet sich vermutlich von der Tradition des „Spend“-Brotes ab, das zu besonderen Anlässen ausgegeben wurde.

Schon wenige Jahre später, 1723, gab es Streit mit den Brauern und Wirten aus Traunstein, die den neuen Schankbetrieb als Konkurrenz sahen. Beschwerden beim Churfürstlichen Geheimen Rat blieben jedoch erfolglos – Humbauser durfte weitermachen.

Die Steffel-Ära beginnt

1743 übernahm sein Sohn Andreas Humbauser das Anwesen. Durch die Heirat seiner Tochter Ursula mit dem Metzgerssohn Josef Steffel aus Traunwalchen wechselte das Gut 1770 in den Besitz der Familie Steffel, die es 133 Jahre lang halten sollte.

Josef Steffel hatte zwar kein Glück damit, eine Lohntaverne aus Grabenstätt nach Vachendorf zu verlegen – wohl aber mit der Gründung einer Metzgerei im Jahr 1782. Den Traunsteiner Metzgern gefiel das nicht, und so beschwerten sie sich 1787 in München. Sie beklagten, dass Steffel seine Metzgerei mit einer öffentlichen Bierzäpflerei kombinierte und befürchteten eine Konkurrenz für ihre eigenen Geschäfte. Doch Steffel blieb erfolgreich und machte Vachendorf zu einem Zentrum für Viehhandel und Fleischverarbeitung.

Vom Bierschenk zum Wirtshaus

Franz Xaver Steffel
Franz Xaver Steffel, Gastwirt und Besitzer des Spentergutes in VACHENDORF
geb. 14.11.1772 in SONDERMONING
gest. 30.11.1838 in VACHENDORF
Größe des Originals: 51 auf 65 cm; Signierung nicht feststellbar (sicher aber von J. B. Neumüller); das Bild wurde etwa 1950 restauriert

Der wirtschaftliche Erfolg führte schließlich zur Erweiterung des Betriebs um eine Gastwirtschaft. 1822 beantragte Franz Steffel, mittlerweile der Hausherr, offiziell die Taverngerechtsame, um den Bierausschank in ein richtiges Wirtshaus umzuwandeln. Wieder gab es Widerstand – diesmal von den Tavernwirten aus Traunstein, Bergen, Grabenstätt und Siegsdorf. Sie argumentierten, dass es in der Region bereits genügend Gasthäuser gäbe und Vachendorf mit seinen wenigen Familien keine eigene Tavernwirtschaft benötige.

Doch am 29. Januar 1823 wurde Steffel die Wirtshauslizenz schließlich erteilt – und das Postgasthaus war geboren.

Wachstum und neue Herausforderungen

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Gasthaus zu einem wichtigen wirtschaftlichen Zentrum. Franz Steffel, geboren 1801, trieb das Geschäft mit Viehhandel, Metzgerei und Gastwirtschaft voran. Seine Reisen nach München mit großen Viehherden dauerten mehrere Tage – ein logistisches Meisterwerk.

Sein Sohn Franz Xaver Steffel, geboren 1842, führte den Betrieb weiter und erweiterte ihn um eine Posthilfsstelle. Er war eine angesehene Persönlichkeit in Vachendorf und Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr. Beim Kirchenbrand von 1891 zahlte er für alle Feuerwehren Bier und Essen – ohne eine Rechnung zu stellen.

Die besondere Rolle der Spenterwirtin

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Gasthauses war auch Therese Philomena Steffel, die Ehefrau von Franz Xaver Steffel. Als exzellente Köchin machte sie das Wirtshaus über die Grenzen des Ortes hinaus bekannt. Vachendorf wurde zum beliebten Ausflugsziel für Traunsteiner und Sommerfrischler aus der Stadt.

Sie brachte ursprünglich die Pinzgauer Tracht mit, wechselte aber später zur Chiemgauer Tracht und setzte sich aktiv für die Förderung der Trachtenbewegung ein. Ihr Engagement führte zur Gründung eines Gebirgstrachtenvereins in Vachendorf, der jedoch nach Kritik aus der konservativen Bevölkerung wieder einschlief.

Fazit

Das Postgasthaus in Vachendorf war mehr als nur ein Wirtshaus – es war über Jahrhunderte hinweg ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Mittelpunkt. Vom einfachen Bierschank über eine Metzgerei bis hin zur Poststation entwickelte sich das Anwesen stetig weiter.

Die Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie sich ein Wirtshaus in einer kleinen Gemeinde gegen Widerstände behaupten und zur Institution werden kann – und wie es das Dorfleben über Generationen hinweg prägte.

1903 aber wurde das Wirtshaus versteigert und 1911 brannte es ab. Es wurde neu errichtet und hieß seitdem Gasthaus zur Post. Heute ist das Wirtshaus geschlossen.