Keine alte Sammlung, sondern eine Münchner Erfindung
Wer beim Salzburger Urkundenbuch an eine verstaubte Kiste voller handgeschriebener Originalurkunden aus dem Mittelalter denkt, der liegt falsch. Das Ding gibt’s nämlich erst seit dem 19. Jahrhundert. Und warum? Weil Bayern sich damals ordentlich ins Zeug gelegt hat, um sich historisch und wissenschaftlich von den Preußen abzugrenzen.
Ein ehrgeiziger König und die große Bayern-Forschung
Derjenige, der das alles ins Rollen gebracht hat, war König Max II. von Bayern. Der war nicht nur ein Freund von Kultur und Geschichte, sondern hatte auch einen gewissen Nationalstolz. Damals wollte sich Bayern als eigenständige Macht im Deutschen Bund behaupten, und dazu gehörte auch eine ordentliche Portion Geschichtsschreibung.
Also wurde in München die Bayerische Akademie der Wissenschaften gefördert, und plötzlich hat man angefangen, alles zu erforschen, was irgendwie mit Bayern zu tun hatte. Und weil Salzburg ja früher mal eng mit Bayern verbunden war – zumindest zeitweise – hat man auch dessen Geschichte gleich mitbearbeitet.
Wie das Salzburger Urkundenbuch entstanden ist
In München haben sich also Historiker drangesetzt und alle möglichen alten Urkunden zur Salzburger Geschichte zusammengetragen. Aber nicht als einfache Kopien, sondern schön aufbereitet:
• Mittelalterliche Schrift in lesbare Form gebracht
• Wo nötig, ins Deutsche übersetzt
• Mit Kommentaren und Erklärungen versehen
Das war natürlich keine reine Fleißarbeit, sondern auch ein Mittel, um die historische Bedeutung Bayerns und seiner angrenzenden Gebiete hervorzuheben. Immerhin war Salzburg lange Zeit eng mit Bayern verbunden, und das sollte auch ordentlich dokumentiert werden.
Keine Originale, sondern eine wissenschaftlich bearbeitete Sammlung
Das Salzburger Urkundenbuch ist also kein Archiv mit Originaldokumenten, sondern eher eine Art Best-of der Salzburger Urkundenwelt. Die Historiker haben sich durch Archive gewühlt, Abschriften gemacht und das Ganze dann sauber zusammengetragen. Vieles stammt aus den Beständen des alten Fürsterzbistums Salzburg, anderes aus bayerischen Klöstern oder städtischen Archiven.
Ein besonders wichtiger Teil davon sind die Breves Notitiae – eine Sammlung von Notizen und Urkunden, die für die Geschichte Salzburgs ziemlich bedeutend sind. Auch die wurden ins Urkundenbuch aufgenommen und wissenschaftlich durchgekaut.
Ein Münchner Prestigeprojekt mit bayerischem Einschlag
Unterm Strich ist das Salzburger Urkundenbuch also nicht das, was der Name vielleicht vermuten lässt. Es ist keine mittelalterliche Sammlung, sondern ein Projekt aus dem 19. Jahrhundert – entstanden, weil Bayern seine eigene Geschichte betonen wollte.
Dass dabei auch Salzburg eine Rolle spielte, ist kein Zufall. Schließlich war die Region über lange Zeit eng mit Bayern verwoben. Und so ist das Urkundenbuch letztendlich ein Münchner Prestigeprojekt – entstanden in einer Zeit, in der Geschichte nicht nur erforscht, sondern auch ein bisschen für die eigene Sache in Form gebracht wurde.