Ein wahrer Johannes – Was die Grabinschrift über Pfarrer Oppenrieder erzählt

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Verweile, Wanderer!

Mit diesen Worten beginnt die feierliche Grabinschrift des Pfarrers Johann Oppenrieder, der Vachendorf von 1664 bis zu seinem Tod im Jahr 1694 als Seelsorger diente. Die Inschrift wurde von Franz Liebl übersetzt und überliefert – und sie ist weit mehr als ein Nachruf. Sie ist ein poetisches Zeitzeugnis aus der Barockzeit, ein Glaubensbekenntnis – und ein tiefes Stück Vachendorfer Heimatgeschichte.


Was wir aus der Inschrift erfahren – und zwischen den Zeilen

Pfarrer Oppenrieder wird als ein Mann geschildert, der nicht nur fromm und standhaft, sondern auch gestalterisch wirksam war. Er hat, wie es heißt, die „Erbauung dieses Gotteshauses bewerkstelligt“ – das heißt: Er war der Bauherr der heutigen Pfarrkirche, die zwischen 1680 und 1682 neu errichtet wurde. In einer Zeit, in der ein Dorf wie Vachendorf von bäuerlicher Armut und kriegsbedingter Unsicherheit geprägt war, war das ein Kraftakt – sowohl finanziell als auch organisatorisch. Zwischen den Zeilen klingt: Er hat sich durchgesetzt.

Dabei war es nicht nur ein Bauprojekt – es war ein geistliches und identitätsstiftendes Werk. Die Kirche wurde mit Bildern geschmückt, mit Spenden gefördert, und ganz besonders der Jungfrau Maria geweiht. Oppenrieder war ein Priester, der Maria nicht nur verehrt hat, sondern seine ganze Gemeinde zu dieser Marienverehrung angeleitet hat: „Seinen Untergebenen hat er sie zur Verehrung vorgestellt.“

Im Testament hat er diese Bindung sogar verewigt – ein starkes Zeichen. Oppenrieder verstand sich und seine Aufgabe offenbar als marianisch geprägten Hirten, der seine Gemeinde unter den Schutz der Gottesmutter stellte – ein Motiv, das in der barocken Frömmigkeit eine zentrale Rolle spielt.

Auch das Bild des „wahren Johannes“ ist vielsagend: Er wird mit dem Apostel Johannes verglichen, jenem Jünger, dem Jesus seine Mutter anvertraut hat („Siehe, deine Mutter“). Oppenrieder also als der geistliche Sohn Mariens, als treuer Diener – das ist eine theologische Ehrenbezeichnung, aber auch eine klare Aussage über sein Selbstverständnis.


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Ein Pfarrer für die Ewigkeit

Die Inschrift endet mit einem eindrücklichen Wunsch:

„Wanderer, wünsche ihm gerne ein dreimal glückliches ewiges Leben vereint mit der Jungfrau Maria.“

Darin steckt mehr als barocke Rhetorik. Es ist ein Appell, den Lebenden zur Ehre, dem Verstorbenen zur Ewigkeitszuversicht – und der Gemeinde zur Erinnerung:

Wer so viel gegeben hat, soll auch nicht vergessen werden.


Ein Stück Vachendorfer Identität

Für Vachendorf ist diese Grabinschrift ein kulturhistorisches Kleinod. Sie zeugt vom Glaubensleben, vom Kirchenbau, von Seelenführung und von einer lokalen Leitfigur, deren Wirkung bis heute sichtbar ist – im Bauwerk der Kirche, aber auch im geistigen Gedächtnis des Ortes.

Pfarrer Johann Oppenrieder war nicht nur ein „hochwürdiger Herr“, sondern ein Mensch mit Haltung, Vision und Durchsetzungskraft – und damit ein echter Vachendorfer Charakter der frühen Neuzeit.


Quelle: Grabinschrift von Pfarrer Oppenrieder († 1694), Übersetzung nach Franz Liebl, in: Ortschronik Vachendorf 1995, S. 297

1980 grabinschrift uebersetzung liebl

hier der Text in der Übersetzung von Franz Liebl