“Fünf Monate für die Ewigkeit“



Vachendorf, Pfarrei St. Maria, 1117 Seelen. Hier bestand schon vor 1050 eine Kirche. Bereits 1301 wird Ortwein als erst bekannter Pfarrer erwähnt. Die jetzige Kirche wurde unter Pfarrer Oppenrieder (1664 bis 1696) in 5 Monaten erbaut. In der Nähe wurde ein römisches Denkmal aus dem Jahre 64 n. Chr. gefunden und die Grundmauern eines römischen Gebäudes bloßgelegt.
Dekanat Traunstein 20 – Markus Schreiber
Die Kirche steht – und der Maxl hätt’s wieder zeichnet
So um 1910 herum ist der Maxl mit seiner Zeichenmappe durch Vachendorf gekommen. Der Spenterwirt hat damals noch offen gehabt, das Schulhaus war noch das alte, und die Dorfstraße war staubig. G’zeichnet hat er die Kirche nicht etwa von der Linde aus, sondern vom Platz beim alten Schulhaus – in der Nähe vom Wirtshaus. Da hatte er die Kirche gut im Blick, schön leicht von der Seite, mit freiem Blick auf den Turm.
Wie die Kirche von außen wirkt
Die Vachendorfer Pfarrkirche ist schon ein richtig schönes Gebäude. Nicht übertrieben, aber stimmig. Gebaut wurde sie 1680 vom Lorenzo Sciasca, einem Baumeister aus Graubünden, der offenbar gewusst hat, wie man eine Dorfkirche hinstellt, dass sie passt.
Der Kirchturm ist besonders – das sagen viele, und manche behaupten sogar, es sei der schönste im ganzen Chiemgau. Hoch, schlank, mit einer geschwungenen Zwiebel oben drauf, die sich richtig schön gegen den Himmel abzeichnet. Und das Ganze fügt sich so gut ins Dorf, dass man meinen könnt, die Kirche war schon immer da.
Und drinnen?
Wenn man reingeht, merkt man gleich: Schwarz und Gold bestimmen den Eindruck. Das ist nicht laut, aber wirkt. Der Bildhauer Georg Pämer aus Traunstein hat hier ganze Arbeit geleistet – viele Figuren, sorgfältig gearbeitet, nicht zu viel, nicht zu wenig. Es ist eine Barockkirche, aber keine, die überladen ist.
An der Decke hat der Max Fürst gemalt – ein Nazarener, ein Heimatforscher obendrein. Und weil es in der Kirche einmal gebrannt hat, hat er die Bilder nicht nur einmal, sondern gleich zweimal gemacht. Erst vor dem Brand, dann nochmal danach. Die gleichen Szenen, zweimal gemalt. Das muss man auch erstmal bringen.
Wie es der Maxl gesehen hat
Der Maxl hat sich da beim Schulhaus hingestellt, die Mappe auf ein Holzbankerl gelegt, den Blick leicht schräg nach oben. Den Turm hat er gleich gehabt. Dann ist er mit dem Bleistift über die Kirchenmauer gefahren, hat mit feinem Strich die Fenster angedeutet, und irgendwann hat er wahrscheinlich gedacht: Ja, des passt scho. Dann hat er noch ein paar Notizen gemacht, wahrscheinlich „schön“, „Zwiebel“, „Ruhe“, und ist weitergezogen.
Eine Bank unter der Linde
Heute gibt’s den Spenterwirt nicht mehr. 1911 hat’s gebrannt, dann ham sie das “Gasthaus zur Post” neu aufgebaut, 100 Jahre war Leben im Wirtshaus, aber heute ist’s wie bei so vielen Gasthäusern still geworden, was die Einkehr betrifft. Aber beim Pfarrhof, da steht noch die schöne alte Linde. Da ist es ruhig. Man kann dort wunderbar sein Radl abstellen, sich auf die Bank setzen und die Kirche anschauen.
Es gibt auch eine kleine Tafel, die erzählt, was es mit der Linde auf sich hat. Wer mag, liest sie. Wer nicht, packt einfach die Brotzeit aus, lehnt sich zurück und denkt sich vielleicht:
Die Kirche steht – und der Maxl hätt’s wieder zeichnet.
… oder er hört sich den Podcast-Beitrag an
Ein Gedanke zum Mitnehmen
Vielleicht war es der Wind in der Linde.
Vielleicht der Blick zum Turm.
Vielleicht war es nur der Moment, in dem man gespürt hat:
Hier ist schon lang jemand da gewesen.
Und ich bin jetzt auch da.